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Neue Paradigmen für KI-basierteUntersuchungen: Schneller, präziser, belastbarer!
Im Durchschnitt müssen heutzutage im Rahmen der E-Discovery bei jedem Fall Dokumente im Umfang von mehr als 6,5 Millionen Seiten ausgewertet werden. Bei komplexen multinationalen Rechtsstreitigkeiten und internen Untersuchungen von großer Tragweite sind diese Datenmengen oft noch größer. Der nur zögerlicher Einsatz neuester Technologien sowie veraltete manuelle Prozesse verursachen einen enormen Zeit- und Kostenaufwand , um innerhalb einer großen Masse heterogener Daten wichtige Informationen zu finden, die schnell vor Gericht zu verwerten sind.
Obwohl sich Anwälte heutzutage bei Untersuchungen vor immer größere Herausforderungen gestellt und gleichzeitig mit steigendem Kostendruck konfrontiert sehen, sind KI-gestützte Data Analytics-Plattformen und -Workflows immer noch die Ausnahme. Der General Counsel Report, eine im 1. Halbjahr2022 von FTI Technology und Relativity durchgeführte Befragung von Unternehmensjuristen, ergab, dass sich 73% der Befragten bisher bisher nicht mit KI auseinandergesetzt haben, und nur 33% Befragten gaben an, dass Anwälte ihrer Ansicht nach über hinreichend technologisches Know-how und ein entsprechendes Instrumentarium verfügen. Aus einer anderen Untersuchung von CLOC geht hervor, dass nur 12% der Rechtsabteilungen in Unternehmen mit modernen Data Analytics-Verfahren und Technology Assisted Review (TAR) arbeiten, also maschinenlernende Systeme einsetzen, die über die bloße Stichwortsuche hinausgehen.
Immer wieder wird in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass KI-gestützte Verfahren zwar eine Grenzen sprengende Kraft entfalten können, jedoch die entsprechenden Ergebnisse nicht exakt genug und daher in einem Rechtsstreit nur begrenzt verwertbar sind. KI-Verfahren sind zwar tatsächlich äußerst leistungsstark, sind aber keineswegs unbekanntes Terrain im Sinne einer Black Box. Die Technologie kann mit Data Science-Methoden und statistischen Verfahren nachvollziehbar gemacht und validiert werden. Und wenn sie von Experten im Rahmen bewährter Workflows eingesetzt wird, sind die Ergebnisse sowohl hochpräzise als auch juristisch verwertbar. Man könnte meinen, das man auf der sicheren Seite ist, wenn in der Branche auf breiter front mit KI und anderen modernen Technologien gearbeitet wird. Selbst technisch versierte Anwältewähnen sich auf der sicheren Seite, indem sie zunächst abwarten, wie sich der Markt entwickelt. Doch die Entwicklung geht weiter und hat bereits die nächste Generation an E-Discovery-Technologie hervorgebracht. Egal ob die Branche schon bereit dafür ist, die zu untersuchenden Fälle werden auf breiter Front komplexer.
Wachsende Datenmengen und immer neue Datenquellen stellen Untersuchungen und andere (aufsichts-)rechtliche Verfahren im Rahmen von Gerichtsverfahren vor neue Herausforderungen. , bei Hier wird KI der entscheidende Faktor sein, um Dokumente effizient priorisieren und wichtige Fakten schnell aufspüren zu können. KI-gestützte Verfahren können zudem die Verarbeitung großer Datenmengen skalieren, irrelevante Dokumente herausfiltern und Qualitätskontrollen ermöglichen. KI-gestützte Workflows in führenden Plattformen wie Reveal, Relativity und Nuix Discover liefern konstant bessere Ergebnisse als manuelle Prozesse. Dadurch reduzieren sich Zeitaufwand, die Anzahl der zu prüfenden Dokumente und letztendlich auch die Kosten.
KI ist häufig der strategisch sinnvollste und effizienteste Weg angesichts der Herausforderungen, denen sich Anwälte heute gegenübersehen. Dies gilt insbesondere bei Compliance-Untersuchungen, oder Due Diligence-Prozessen in denen man zwar anfangs ungefähr weiß, wonach man sucht, aber nur mit Hilfe von KI schnell sinnvolle Muster oder Verhaltensweisen in großen Datenmengen erkennen kann. Im Folgenden nur einige Beispiele dafür, was KI-Technologie in der Praxis so wertvoll macht:
- Da die Modelle nicht vorab trainiert werden müssen, kann direkt mit der Auswertung der Daten nach bestimmten Mustern oder wichtigen Erkenntnissen im Rahmen einer Untersuchung oder Dokumentprüfung begonnen werden.
- Relevante Dokumente werden auch ohne Suchbegriffe effizient gefunden.
- Unkomplizierte Bearbeitung dynamischer Datenbestände, da die Modelle bei Aufnahme neuer Dokumente oder Zielpersonen (Custodians) nicht neu trainiert und auch keine neuen Stichproben generiert werden müssen.
- Die Technologie ermöglicht es auch bei einer schwachen Datengrundlage - also etwa wenn man nicht auf Basis bestimmter Schlüsselbegriffe oder Zeiträume arbeiten kann- Fakten zu finden bzw. ein Verständnis dafür zu entwickeln, was wirklich passiert ist.
- Man kann Bias- oder Sentimentanalysen durchführen, um zu ermitteln, ob Kommunikationen positive, negative oder neutrale Sprache enthalten und/oder bestimmte Stimmungslagen wiederholt vorkommen.
- Eine weitere Option sind Clusteranalysen auf ähnliche Begriffe, um Bezüge zwischen Dokumenten mit ähnlichem relevanten oder auffälligem Inhalt herzustellen.
- Mit der Darstellung sozialer Netzwerke kann das Geflecht an Kommunikationen zwischen zentralen Zielpersonen oder bestimmten Tätigkeiten im Fokus veranschaulicht werden, was bei Untersuchungen das Auffinden von abnormen Mustern und Warnhinweisen erleichtert.
- Die Systeme lernen kontinuierlich mit jeder Entscheidung, die bei einer Untersuchung oder Prüfung über bestimmte Dokumente getroffen wird – jede von Menschen getroffene Entscheidung wird erfasst und dient der weiteren Ergebnisoptimierung.
- Portable Modelle, mit denen sich bereits Gelerntes oder vorgefertigte Algorithmen auf einen neuen Fall übertragen, andere Modelle verbessern oder als Grundlage für ein neues Modell verwenden lassen, ohne dass erneutes Training erforderlich ist.
Zuletzt konnte unser Team eine multinationale Untersuchung über verschiedene Länder und einen Zeitraum von 17 Jahren mit ca. 70 Millionen Dokumenten und mehr als 300 Zielpersonen skalieren. Der Einsatz von KI war dabei entscheidend. So konnte das Untersuchungsteam direkt mit der Prüfung der Fakten beginnen, ohne den üblichen Zeitverlust durch die Verarbeitung großer Datenmengen, das Trainieren von Analysemodellen und Tests mit Stichproben. Wäre stattdessen mit suchbegriffbasierten Verfahren gearbeitet worden, hätten mehr als 3 Millionen Dokumente durchkämmt werden müssen. Mit Hilfe von KI war das Team in der Lage, auch ohne Suchbegriffe zentrale und relevante Dokumente zu identifizieren. Von den rund 300.000 besonders relevanten Dokumenten wurden ca. 30% ohne Treffer mit Suchbegriffen dank der gut trainierten KI-Modelle effizient herausgefiltert.
KI kann bei Rechtsstreitigkeiten und Untersuchungen entscheidende Vorteile bringen. Die aktuell verfügbare Technologie hat angesichts der zu beobachtenden Fortschritte das Potenzial, nicht nur Zeit- und Kostenaufwand und Komplexität bei großen Datenmengen zu reduzieren, sondern auch die technische Diversität heterogener Datenbestände. Wenn man abschließend konstatiert, dass bei Untersuchungen weltweit immer mehr auf dem Spiel steht und der Zeitdruck kontinuierlich wächst, können neueste Technologien in den Händen erfahrener Experten den entscheidenden Vorteil bringen, um Zeit, Kosten und das Risiken in Verfahren von großer Tragweite im Griff zu behalten.
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